Bundesweiter Vorlesetag – Gsella liest

Am Freitag, dem 19. November, beging das Dalberg-Gymnasium, wie jedes Jahr, den Bundesweiten Vorlesetag. Dabei lasen unterschiedliche Mitglieder der Schulfamilie einander vor.

In einigen Klassen waren es die Schüler*innen, die aus ihren Lieblingsbüchern verschiedene Passagen vortrugen, zum Beispiel aus „Erebos“ von Ursula Poznanski, „Harry Potter und der Stein der Weisen“ von J. K. Rowling, „Gregs Tagebuch“ von Jeff Kinney, „Lotta Leben“ von Alice Panthermüller und „Seawalkers“ von Katja Brandis.

In anderen Klassen waren es die Lehrer, die sich als (Vor-) Lesende zeigten, und das in verschiedensten Fächern. In der Unterstufe wurden in Englisch zum Beispiel Kinderbücher wie „Click, Clack, Moo Cows That Type“ von Doreen Cronin oder „Yertle the Turtle“ von Dr. Seuss verwendet oder „We’re all Wonders“ von R.J. Palacio. In Sport wurde (bilingual) ein Spiel zu „The Gruffalo“ gespielt. In „Natur und Technik“ stellte die Lehrerin aus aktuellem Anlass das kurze und recht lustig geschriebene Kapitel „Unterschätztes Wundermittel Händewaschen“ aus Hirschhausens Buch „Wunder wirken Wunder“ vor. Bei „Arsène Lupin“ von Rob Barbot, „In einem tiefen, dunklen Wald …“ von Paul Maar, „Der Sprachabschneider“ von Hans Joachim Schädlich und „Der kleine Hobbit“ von J.R.R. Tolkien hingen die Fünftklässler*innen an den Lippen ihrer Lehrkräfte. In Kunst hörten die Sechstklässler*innen „Tintenherz“ von Cornelia Funke beim Malen. Im Lateinunterricht wurde in der sechsten Klasse aus „Kolossal, die Römer“ von Terry Deary vorgelesen, in Religion aus der Bibel, in Ethik ein Essay über Menschenrechte, in Mathematik aus „Logicomix“ von Apostolos Doxiadis und in der Mittelstufe aus Matt Parkers „Humble Pi“ (A Comedy of Maths Errors). Die Oberstufe hörte Ausschnitte aus „“Ich habe eine Axt“ von Patrick Salmen und aus Martin Walsers „Brandung“, kürzere Geschichten von Wladimir Kaminer und auch eine Erzählung von unserem Kollegen Martin Trageser. In dem Märchen „Der Herbst, der ein Sommer war“ geht es um den Klimawandel. Die Göttin des Sommers legt den Herbst herein und verlängert den Sommer in Madrid bis in den November hinein. Dann wird sie von Väterchen Winter gestoppt.

Ein besonderes Highlight für die Schüler*innen der 11. und 12. Jahrgangsstufe war die Autorenbegegnung mit Thomas Gsella, der ja auch zur Schulfamilie gehört. Die Schüler*innen genossen die Lesung von Herrn Gsella sehr, da diese sowohl zum Schmunzeln als auch zum Nachdenken anregte und durch eine Fülle verschiedenster Texte sehr kurzweilig war. Zu den Werken Gsellas, der viele Jahre lang Redakteur und schließlich auch Chefredakteur des Frankfurter Satiremagazins „Titanic“ gewesen war, gehören auch Prosatexte und sogar ein Musical. Am Freitag las er jedoch ausschließlich aus seinem umfangreichen lyrischen Werk vor. Dazu zählen komische Gedichte über allzu Menschliches, über die „Erscheinung“ eines Mannes und seines Autos an der Sandkirche, über die unterschiedliche Sicht verschiedener Generationen auf das Leben, über Personen des öffentlichen Lebens wie die „Goldene Henne“ Helene Fischer, der „Verkehrtminister“ Scheuer oder die Trump-Frauen, über technische Neuerungen wie E-Autos und E-Bikes und vieles mehr. Über seine Gedichte schrieb Gsella einmal: „Sie sind gut, aber leicht. Es ist keine komplizierte Angeberlyrik, Sie müssen nichts interpretieren, nur lesen oder zuhören, und wenn Sie nicht vollkommen blöd sind, verstehen Sie alles sofort und können befreit loslachen oder -weinen, je nach Intention des Autors.“ Die Schüler*innen waren geradezu überrascht, dass seine Lyrik sich nicht den Zuhörer*innen versperrte, wie sie es manchmal aus dem Deutschunterricht bei Gedichten aus vergangenen Epochen gewohnt waren, und schätzten das sehr. Aber es gab auch Gedichte, die einem tatsächlich die Tränen in die Augen trieben. So war dies bei „Töte mich, Mama„, welches Gsella für eine afghanische Mutter geschrieben hat, deren Kinder bei der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrunken sind. Gedichte können wirklich (etwas) bewegen. Seit 2020 schreibt der Autor monatliche Reimkolumnen für den Dresdner Seenotrettungsverein „Mission Lifeline“ und setzt sich so für Flüchtende ein. Außerdem erscheinen seine Gedichte in verschiedensten Medien, zum Beispiel im „stern“, dem Schweizer „Das Magazin“ oder bei „Spiegel Online“. Sein bekanntester Text ist wohl „Die Corona-Lehre„. Dieses Gedicht wurde in der aktuellen Lage millionenfach in den sozialen Medien geteilt, erhielt große mediale Aufmerksamkeit und wurde sogar von Amnesty International „aufgeführt“. Auch dieser Text lud ein, sich mit ihm und damit gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen auseinanderzusetzen.

Das taten die Schüler*innen dann auch im letzten Teil der Autorenbegegnung, in dem das Publikum selbst produktiv werden durfte. Innerhalb kürzester Zeit entstanden spontane und sehr kreative Gedichte. Auch das zeigte, dass man mit Gedichten durchaus etwas anfangen kann. Es sind einfach Texte in „verdichteter“ Sprache, in denen mit wenigen Worten viel ausgedrückt werden kann und bei denen diese Wörter gut gewählt werden müssen.

Das zeigte Thomas Gsella seinen Zuhörern auf beeindruckende Weise. Außerdem waren natürlich die Kommentierungen der eigenen Texte für die Schüler*innen interessant. Diese waren teils auch durchaus provokant formuliert, sodass sie ebenfalls dazu anregten, sich mit den Texten auseinanderzusetzen. Teilweise ergab sich auch eine kurze Diskussion, sodass es zu einem Austausch auf Augenhöhe zwischen Autor und Zuhörer*innen kam. Interessant war natürlich auch, von den Reaktionen anderer auf seine Gedichte zu hören. Das Gedicht „Der Lehrer“ kam wohl bei vielen Lehrer*innen nicht gut an, sodass diese verärgerte Leserbriefe schrieben und die Redaktion der veröffentlichenden Zeitschrift befürchtete, treue Stammleser und Abonennten zu verlieren.

Wir danken Herrn Gsella für die sehr unterhaltsamen, anregenden und bereichernden Lesungen, von denen er vier hintereinander hielt, damit die Gruppengröße coronakonform klein bleiben konnte. Eine echte Ausdauerleistung!

PfF

 

Im Anschluss seien beispielhaft die Gedichte zweier Schüler*innen angehängt:

 

Politiker

Politiker sind doch ein Wunder.Heute hier und morgen daspielen sie die Themen runter,so wie sonst das ganze Jahr.Lobbyismus und Korruption,doch diskutieren sie mit Unschuldsmienen.Jeder hat eine eigene Versionder Fakten, die nützen nur ihnen.

 

Der stille Gong

Der Lehrer legt los,

Der Gong ist still.

Pünktlichkeit ist mein Gebot.

Der Lehrer macht, so lang er will.