Jugend-Abo bei „All about Nothing“ im Stadttheater
Weil sich die beiden Mädchen Schmuck und Markenklamotten nicht leisten können, malen sie sich die Halskette und die Markenembleme ganz einfach mit Filzstift direkt auf ihre Kleidung. Ein anrührendes und verstörendes Bild, das den 43 Schülerinnen und Schülern vom Dalberg-Gymnasium im Rahmen des Jugend-Abos im Stadttheater plastisch vor Augen führte, was arm sein bedeuten kann. Dazu kommen viele Original-Mitschnitte von Jugendlichen, die von ihren begrenzten Möglichkeiten berichten: dass sie ihre Freunde nicht ins Kino begleiten können, dass sie nicht mit ihren Eltern in den Ferien vereisen können oder dass sie auch schon mal Ladendiebstahl begangen haben. Beklemmend wirkt der Moment, in dem die gesamte Bühne in ein zart leuchtendes rosa Licht getaucht wird und sanft eine berührende Melodie auf der Geige erklingt. Wir hören den Mitschnitt eines Gesprächs zwischen einem Mädchen und dem Händler eines Musikfachgeschäfts. Das Mädchen spielt ein paar Töne auf der Geige. Das Instrument gefällt ihr. Aber dann erklärt ihr die Mutter in ruhigem Tonfall, dass sie sich den Kauf nicht leisten können. Das Mädchen bewahrt vollkommen die Fassung: Es scheint nicht das erste Mal zu sein, dass seine Träume zerplatzen, so wie die goldenen Luftballons, die in „All about Nothing“ symbolisch für unterschiedliche Lebensabschnitte von Kindern und Jugendlichen stets freudig überreicht werden, nur um immer wieder aufs Neue krachend zu zerbersten oder einfach nur sanft davon zu schweben.
Mit ihrer performativen Collage wussten die vier Schauspielerinnen und Schauspieler vom Theater pulk fiction in Köln sehr zu überzeugen. Im Nachgespräch wurde deutlich, dass auf der Bühne nicht etwa Klischees, sondern die tatsächlichen Alltagserfahrungen von Kindern und Jugendlichen verhandelt werden. Und das auf ästhetisch sehr innovative Art und Weise, wie der Einsatz der Dokumentenkamera zur Erzeugung von Objekten und imaginären Räumen beweist. In einer Szene möchte eine Jugendliche auf dem Amt die Erlaubnis zur Führerscheinprüfung einholen und verliert sich dabei in einem Zwanzig-Euro-Schein, der überdimensioniert auf die Bühne projiziert wird. Dabei vollzieht die Figur abenteuerliche körperliche Verrenkungen, ohne am Ende ihr Ziel zu erreichen. Was für ein gelungenes Bild, um die bürokratischen Hürden aufzuzeigen, mit denen von Armut Betroffene zu kämpfen haben.
Im Rahmen des Jugend-Abos sahen die Schülerinnen und Schüler zuletzt auch Minna von Barnhelm vom Meininger Staatstheater. Im März sind sie dann bei einem Novum des Jugend-Abos dabei: Sie besuchen einen Poetry Slam.