Standing Ovations für „I‘m Still Standing“
Der erste Schultag in ihrem letzten Schuljahr beginnt für die Zwillingsschwestern Alexandra (Nathalie Hein) und Andrea (Tiffany Kravet) mit einem Paukenschlag: In der scheinbaren Idylle ihrer reinen Mädchenschule des Dalberg-Gymnasiums sind erstmalig auch Jungen zugelassen. Und während Alexandra gleich mit dem obercoolen Karl (Linus Noack/Schlagzeug) zu flirten beginnt, kann sich Andrea nicht damit abfinden, dass sich die Jungen Georg (Marius Beier/Keyboard, Piano) und Theodor (Michel Schwartzkopff) nicht nur im Klassenzimmer, sondern auch in ihrem geliebten Mädchenchor breitmachen und dort Rock statt Volkslieder singen wollen.
Daneben tun sich noch weitere Risse auf. Die Band, der neben den Neulingen am Dalberg auch Friedrich (Niels Winkler/Gitarre), Eduard (Jakob Streb/Bass) und Bandleader Johann (Aaron Heine) angehören, droht am Schulwechsel der Kameraden zu zerbrechen. In der Klasse wird derweil die Umwelt-Aktivistin Josefine (Magdalena Lang) von den tonangebenden Mädchen Katja (Paula Schmitz) und Kerstin (Annika Schindler) in die Außenseiter-Position gedrängt. Die zurückhaltende und unter stetem Leistungsdruck stehende Erika (Johanna Breid) muss erst lernen, sich gegen Mobbing-Attacken zur Wehr zu setzen. Im Laufe des Stückes springt sie über ihren eigenen Schatten, emanzipiert sich von ihren Eltern und findet den Mut, sich vor der versammelten Klasse für die umstrittenen Jungen einzusetzen. Aber auch die Schulleiterin (Amelie Lang) und die Chorleiterin (Sarah Schallenkammer) stehen der Idee einer gemischten Schule skeptisch gegenüber.
Eine von Alexandra heimlich initiierte Schulhausübernachtung führt alle Jungen und Mädchen für einen kurzen, ausgelassenen Moment zusammen. Was in diesem Augenblick aber keiner ahnt: Ausgerechnet Alexandras geliebte Zwillingsschwester Andrea hat die nächtliche Party an die Schulleitung verraten. Die Jungen, die die Schuld für den nächtlichen Einbruch auf sich nehmen und so den Mädchen die Haut retten, haben ihre Probezeit vermasselt und müssen die Schule verlassen.
Am Ende ist es dann eine Demo, bei der der Beziehungs-Scherbenhaufen wieder gekittet wird. „Manchmal muss man sich eben für das einsetzen, was man für richtig hält,“ sagt Georg und animiert seine Freunde, auf die Demo gegen Massentierhaltung zu gehen, bei der eine Tierärztin (Giada Iannaccone) deutliche Worte zu Käfighaltung und den Zuständen in Schlachthöfen verliert. Josefine hatte Georg in einem engagierten Referat inspiriert. Als die Jungen in ein Handgemenge mit Gegendemonstranten geraten, sind es die zufällig vorbeikommenden Mädchen, die ihnen mutig zu Hilfe kommen und die Versöhnung in die Wege leiten. Im großen Finale, dem Abi-Ball, gelingt es den Mädchen durch den ebenso überraschenden wie hinreißenden Auftritt der Band die Entscheidung der Schulleitung in puncto Jungen am Dalberg noch einmal zu kippen.
Die Band unter der Leitung von Marcus Rüdel begleitete tatsächlich ganz fantastisch sämtliche Songs des vom P-Seminar selbst verfassten Musicals, das sich an die tatsächliche Schulgeschichte anlehnt. Seit 1964 steht das Dalberg auch Jungen offen. Im Musical wurde die Handlung allerdings in die 80er Jahre verlegt. Mit gekonnt vorgetragenen Songs wie „Girls Just Wanna Have Fun“, „Sweet Dreams“, „I Will Survive“, „Englishman in New York“, „Eternal Flame“ oder „The Life I Never Led“ wussten die Darsteller*innen ihr Publikum zu verzaubern. Klangvolle Unterstützung boten die swingenden Backgroundsänger Linus Abke, Martin Bauer, Koray Doluca und Julius Krebs sowie die frappierend hochklassigen Blechbläser Vitus Schott (Trompete), Raphael Stripf (Posaune) und Ruben Stripf (Saxophon). Absolut mitreißend auch die von Giada Iannaccone und Amelie Lang super in Szene gesetzten, und u.a. mit Mathilda Breid, Marie Emmel, Louisa Halbleib und Sarah Schallenkammer einstudierten Tanzeinlagen, wie zum Beispiel zu „Wake Me Up Before You Go Go“ oder zum finalen „I’m Still Standing.“ Mit „Summer of 69“ geriet die Zugabe dann zu einer kollektiven Hymne, die alle aus ihren Sitzen riss.
Etwa ein Jahr lang hatte sich das P-Seminar Musical unter der Leitung von Johannes Lorentzen und Marcus Rüdel auf die Auftritte am 7. Februar 2024 im Stadttheater vorbereitet. Die Geschichte und ihre Figuren wurden gemeinschaftlich erdacht. Die schmissige Dialogfassung mit ihren vielen dramaturgischen Finten stammt von Shauna-Alisha Scholz, die auch tatkräftig bei der Regieführung unterstützte.
Vielen Dank an Emma Krug, Leon Durst und Herrn Sommer, die das Musical in Film und Fotos verewigt haben, und an unser hervorragendes Technikteam mit Helia Domdey, Felix Hoster, Linus Papst und Manuel Schneider. Und was wären wir ohne Nathalie Hein, die sich auf dem Gebiet „Public Relations“ einen großen Namen gemacht hat, nicht zuletzt mit unserem wunderbaren Plakat.
Dalberg goes Musical. Fortsetzung folgt: im Juli 2025.
Johannes Lorentzen