AbiBac-Exkursion: Welche Spuren hat die Judenverfolgung in Aschaffenburg hinterlassen?

Am 27. Januar 2020, dem internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocausts, jährt sich die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum 75. Mal. Aus diesem Anlass machten sich die Frz-Bili-Gruppe der 9c und der AbiBac-Kurs der 10c gemeinsam auf Spurensuche in Aschaffenburg, das bereits seit dem Mittelalter von einer jüdischen Gemeinde bereichert wurde und wo zur NS-Zeit mehr als 700 jüdische Mitbürger lebten.

Zu Beginn der nachmitttäglichen Exkursion interpretierten die Klassen gemeinsam den kunstvoll-abstrakten Brunnen vor dem ehemaligen Rabbinerhaus am Wolfsthalplatz, das heute das Museum jüdischer Geschichte und Kultur beherbergt.  In einem großen Ausstellungsraum erkundeten die Schüler bei einer Museumsrallye selbstständig die Zeugnisse jüdischen Lebens in Aschaffenburg sowie Zeitungsberichte, Klassenfotos und Briefwechsel aus den 1930er Jahren und diskutierten über ausgewählte Quellen mit ihrem Geschichtslehrer Herrn Fischer.

Besonders beeindruckend ist die 3-D-Video-Rekonstruktion der prächtigen Synagoge im orientalischen Stil (vgl. zeitgenössische Postkarte), die um 1900 erbaut wurde und am 9. November 1938 bei der deutschlandweiten „Reichspogromnacht“ in Flammen aufging. Man kann nur erahnen, wie sehr dieses Bauwerk das Stadtbild Aschaffenburgs noch heute bereichern würde.

Anschließend nutzen die Schüler die Stolpersteine-App (Tipp: kostenlos verfügbar), die seit 2014 vom regelmäßig durchgeführten P-Seminar von Herrn Seidl und Frau Scheidler in Kooperation mit der israelischen Partnerschule fortlaufend weiterentwickelt wird. Die App lotst die Schüler durch die Altstadt zu den ehemaligen Wohngebäuden jüdischer Bürger und liefert biographische Informationen, die zuvor ehemalige Schüler im Stadtarchiv recherchiert hatten. Sehr berührend empfanden die Schüler das Schicksal des Bankiers Otto Wolfsthal, der trotz der zunehmenden Repressionen der Nationalsozialisten in Aschaffenburg ausharrte, um anderen unterdrückten oder verfolgten Menschen zu helfen und sich schließlich gemeinsam mit seiner Familie das Leben nahm, als 1942 die Deportation in die Konzentrationslager in Osteuropa unmittelbar bevorstand. Die Schüler begriffen so, „was die Nazis und der Holocaust mit uns in Aschaffenburg“ zu tun haben und „wie traurig es ist, dass die Nazis mit ihrem Judenhass so erfolgreich waren“.

Franz Fischer

Bildnachweis: Screenshots von Wikipedia sowie der offiziellen Homepage, die neugierig auf einen Besuch macht: https://www.museen-aschaffenburg.de/Museum-Juedischer-Geschichte-und-Kultur-/DE_index_1086.html