Austausch mit dem Collège Claude Debussy in Saint-Germain-en-Laye

Es fühlte sich wie eine Entdeckungsfahrt an, als die Französischschülerinnen und -schüler der Klassen 8b und 8c sich in den Zug setzten und nach Paris fuhren. Andererseits war es auch ein wenig Heimkehr, da die Reise zu den Freunden führte, die man schon in den eigenen Familien in Aschaffenburg, in der eigenen Schule empfangen hatte, und da eine seit etwa zwei Jahrzehnten brach liegende Tradition der Schulpartnerschaft wiederaufgenommen wurde.

Die Anreise am Freitag ermöglichte den Entdeckerinnen und Entdekcern ein Wochenende in den Gastfamilien vor dem eigentlichen Programm der Folgewoche. So konnten sie am Stück in das Leben der französischen Familien eintauchen und häufig Erlebnisse genießen, die in der Schulwoche nur schwer zu bewerkstelligen gewesen wären: Mittagessen auf dem Eiffelturm, Golfen, ausführliches Tafeln im Familienkreis, Besuch einer Kletter- oder Bowlinghalle oder des Musée Grévin … Und im Gegensatz zur letzten Seite der „Asterix und Obelix“-Hefte wurde die gesellige Runde vor die Abenteuer gesetzt: ein riesiges Banner zur Begrüßung im Collège, unterschiedlichste Kuchen und Getränke sowie erste lebhafte Gespräche in der Schulmensa. Herzlichen Dank für die überwältigende Gastfreundschaft!

Diese wurde uns auch im prunkvollen Hochzeitssaal des Rathauses zuteil, in dem sich eine Politikerin und ein Politiker unserer Partnerstadt nett mit der Gruppe über die deutsch- französische Freundschaft und die Werte der Republik unterhielten und uns anschließend mit Gastgeschenken herzlich verabschiedeten.

Was haben unsere Weltenbummler noch erlebt? Unterrichtsstunden im Collège, insbesondere eine binationale Musikstunde mit Gesang, Tonaufnahmen für das Schulradio, danach Essen in der Kantine. Zwei Entdeckungstouren in Paris: Trocadéro mit großartigem Blick auf den Eiffelturm, Fahrt mit einem Ausflugsschiff auf der Seine, vorbei am Louvre, der Stadtinsel mit Notre-Dame, der Ile-Saint-Louis mit einem Blick zur Très Grande Bibliothèque. Zu Fuß wurden diese Highlights später ergänzt durch die Tuilerien, den teilweise wohl schon für die Olympiade herausgeputzten Place de la Concorde mit dem Obelisken. Dann noch ein wenig Luxus, man gönnt sich ja sonst nichts: die Galeries Lafayette, der Place Vendôme (Chopard, Rolex, Tiffany und natürlich Chanel, wo eine mutige Schülerin eine Tasche erbat und bekam), die Champs-Elysées (Vuitton, Guerlain, Hermès u.a.). Nur gut, dass niemand Papas Kreditkarte bei sich hatte! So blieb es bei farbintensiven Macarons als Mitbringsel.

Einen Tag widmeten wir der Geschichte (und dem Luxus) in Saint-Germain-en-Layes Nachbarstadt Versailles. Wir standen relativ zeitig vor den vergoldeten Toren, was uns eine Poolposition für den Besuch der Gemächer sicherte. Äußerst prächtig, verglichen mit einem modernen Haus aber doch wenig Komfort … Zwei Dinge dürften den SchülerInnen aus dem weitläufigen Schlosspark in besonderer Erinnerung bleiben: Frau Lentzkows Erklärungen zu dem Latona-Brunnen, der die in Ovids Metamorphosen festgehaltene Verwandlung von Bauern in Frösche zeigt, sowie ein Plätzchen im Schatten vor einem Kiosk neben dem Grand Canal.

Am Abschlusstag: zurück in der etwas weniger pompösen, aber durchaus hochherrschaftlichen Partnerstadt Aschaffenburgs. Hier stand immerhin die Wiege Ludwigs XIV., des Sonnenkönigs! Die frühlingshaft-frischen Gartenanlagen neben dem Schloss führen zur bekannten Terrasse mit Blick über Seine und Wäldchen bis hin zum modernen Stadtviertel La Défense. Eine ortskundige Führerin und langjähriges Mitglied des Freundschaftsvereins der Partnerstädte führte uns kundig in die Geschichte des Ortes und des Schlosses ein.

Viel Geschichte? Viel Kunst? Das gehört schließlich dazu! Wesentlicher sind aber die menschlichen Begegnungen und die kulturellen Erkenntnisse: neue Gerichte, andere Esskultur oder auch wie eine Schülerin dies formulierte: „Man lernt seine Privilegien zu schätzen.“ Sicherlich war es eine unvergessliche Lebenserfahrung und vielleicht sogar der Beginn einiger lebenslangen Freundschaften.

Susanne Lentzkow und Dominik Sommer