Chaos auf dem Schlossplatz – und Dalberg-Tänzerinnen mittendrin!

Was stellt man sich unter einem „Chaos“ vor? Unberechenbarkeit. Durcheinander. Schnelligkeit. Aktion. Emotion. Anarchie. Eben auf russisch „Balagan“. Auf dem Schlossplatz fanden sich am vergangenen Donnerstag, Freitag und Samstag rund 30 Tanzbegeisterte ein – junge und alte, kleine und große, Frauen und Mädchen, Jungen und Männer aus Aschaffenburg, um die 30. Aschaffenburger Kulturtage furios einzuläuten. Mit dabei waren auch sieben Tänzerinnen des Dalberg-Gymnasiums, die sich auf dieses Projekt unter der Leitung der bekannten Theaterregisseurin und Choreographin Helena Waldmann einließen und die Sehgewohnheiten der Zuschauer auf die Probe stellte: Um es möglichst wild, spontan, ungeübt und unmittelbar wirken zu lassen, setzte Waldmann auf Improvisation.

Die Teilnehmenden verfügten über unterschiedliche Kenntnisse im Bereich Tanz – und da machten die Dalberg-Tänzerinnen mit ihrer Erfahrung natürlich eine gute Figur. Die wahren „Stars“ des halbstündigen Auftritts waren ohnehin drei kleine dreirädrige Piaggio Ape, in ihrer italienischen Heimat zärtlich „Apelino“ genannt, die mit lauter Musik aus den Boxen auf ihrer Ladefläche knatternd über den Schlossplatz kurvten, abrupt abbremsten und sich zu immer neuen Figuren formierten. Während der Vorstellung holten die Ape nach und nach die Tänzer ab. Zuerst hechtete ein junger Mann auf die Ladefläche eines der Rollermobile, das eine Runde über den Schlossplatz drehte. Der Tänzer bewegte sich ekstatisch zur Musik, sprang schließlich wieder von der Ape ab, um auf dem Schlossplatz seine rhythmischen Bewegungen fortzusetzen.

Auf diese Weise wurden alle Mitwirkenden „vorgestellt“: Jeder Tänzer interpretierte die Musik für sich, zum Teil laut schreiend mit „Balagan“-Rufen. So wurde die Menge der Tänzer auf dem Schlossplatz immer größer. Verschiedene Gruppierungen wogten schließlich ineinander und miteinander. Es war nicht immer erkennbar, welcher Choreographie die einzelnen Tänzer oder Gruppen folgten.

Manche Bewegung schien sich wellenförmig von einer Gruppe zur nächsten fortzusetzen. Mittendrin die mal rasenden, mal lauernden Kastenroller, die von den Tänzern enthusiastisch umringt, aber auch aggressiv attackiert wurden, so dass die eine Ape fast umzukippen schien.

Zum Schluss grölten alle einträchtig eine Opernarie mit – um so schriller, desto besser, war wohl das Motto. „Balagan“ ist als „Pop-Up“-Tanz wie eine Art spontaner Flashmob geplant. So eine innovative und unmittelbare Aufführung quasi auf Tuchfühlung mit den Zuschauern ist in Corona-Zeiten nicht möglich. Trotzdem war dieses für Außenstehende fröhlich-chaotische Spektakel für die Mitwirkenden ein großer Spaß.

Dr. Anja Meußer