Canada 2017 Part 2

Seit meinem ersten Bericht und dem ersten Monat hier in Nanaimo ist inzwischen schon sooooo viel Zeit vergangen und diese Zeit war einfach einmalig und unbeschreiblich schön! Generell vergeht die Zeit so rasend schnell und kaum dass man sich versieht bleiben einem wie mir jetzt nur noch 6 Wochen hier. Ich kann jedem versichern, dass man schneller wieder nach Hause muss als man glaubt und möchte.

Meine Schule ist genauso entspannt geblieben wie am Anfang und macht einfach Spaß. Ich habe ja schon erwähnt, dass ich nur 4 Fächer pro Semester habe, was einem einfach hilft sich besser auf ein spezielles Thema zu konzentrieren. Allerdings hat es auch seine Nachteile, da die meisten zum Beispiel Mathe nur alle halbe Jahre haben und bis dahin alles schon wieder vergessen haben. Meine Lehrer sind echt gechillt, v.a. mein Englischliteratur-Lehrer, bei dem wir z.B. jeden Freitag eine Folge „Stranger Things“ schauen (wir müssen im Nachhinein aber auch darüber schreiben, also wir machen das nicht NUR zum Spaß). Wir Schüler müssen hier viel an Projekten arbeiten, die dann anstatt eines Tests gewertet werden, was mir in Deutschland eigentlich nie wirklich Spaß gemacht hat, aber da die Arbeits- Atmosphäre in Canada ganz anders ist, ist es eigentlich richtig lustig und zu einem meiner Favourites geworden. Um nicht nur schlecht über die deutsche Schule zu reden, muss ich zugeben, dass die Deutschen im Vergleich zu den Kanadiern bei weitem mehr Allgemeinwissen haben und es ist teilweise erschreckend, wie wenig manche Leute hier von der Welt wissen! Natürlich habe ich in den vergangenen Monaten auch wieder viele Ausflüge u.a. mit der Schule und Freunden gemacht, war glaube ich 5 Mal in den letzten zwei Monaten in Vancouver und bin jetzt sozusagen Stammgast bei BC Ferries*. Mir wird Vancouver aber nie zu langweilig, diese Stadt ist einfach unglaublich schön, voller Leben und man kann super shoppen und Essen gehen! Anfang Dezember gab es sogar einen kleinen deutschen Weihnachtsmarkt! In meiner Stadt Nanaimo hingegen (die wohlgemerkt mehr Einwohner als Aschaffenburg hat) gibt es eine Mall, die ungefähr so groß ist wie die CityGalerie (wenn nicht sogar kleiner) und ansonsten NICHTS. Man kann sich das gar nicht so gut vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat, aber wenn alle Leute immer von den irgendwo im Nirgendwo verstreut lebenden Kanadiern sprechen, dann meinen sie das auch genauso! Hier in Nanaimo gibt es eine Mall, Woodgrove Center, wo sich alle Jugendlichen jeden Tag treffen und das war’s. Nach Downtown braucht man mit dem Bus 45 Minuten und der kommt auch nur alle Stunde. Städte wie wir sie aus Deutschland kennen, in denen alles nah bei einander liegt, gibt es eigentlich nicht, außer natürlich die Großstädte, wie Vancouver oder Victoria. Trotzdem ist es eine echt coole Erfahrung, mal in einer Stadt zu leben, in der man nicht alles in 10 Minuten mit dem Fahrrad erreichen kann und so lange man von den richtigen Leuten umgeben ist macht alles Spaß!
Das bisherige Highlight meines Aufenthalts war der 3-tägige Skiausflug nach Whistler. A dream come true!!! Mein Schuldistrikt hat vom 7.-9. Dezember für alle  Internationals einen Trip nach Whistler organisiert und es war die beste Zeit meines Lebens! Allein schon auf der Fahrt hoch nach Whistler Village hat man eine Hammeraussicht auf das Meer und Whistler selbst ist ein so schönes kleines Dorf mit Clubs, kleinen Lädchen, Restaurants und Musik überall. Alles ist bunt beleuchtet und es hat schon diesen typischen Skifahrgeruch in der Luft (alle Skifahrer wissen was ich meine). Wir haben in einem echt schönen Hotel übernachtet und natürlich hat sich keiner von uns Jugendlichen an die Regeln gehalten und am Ende saßen gefühlt alle Mädchen im Jungszimmer, aber wir hatten soooooo unglaublich viel Spaß, Freundschaften sind nochmal enger geworden und es war einfach so schön mit allen meinen Freunden diesen Ausflug zu erleben. Besonders lustig und süß war es auch zu sehen, wie aufgeregt und überwältigt alle Brasilianer, die mitgekommen sind, waren, da die meisten von ihnen noch nie in ihrem Leben Schnee gesehen haben und sie jetzt gleich so viel auf einmal hatten. Das Skigebiet ist riesig, der Schnee perfekt und ich hatte echt Glück mit meiner Skigruppe und v.a. meinem Instructor Josh aus England, der eigentlich so gut wie nur unser Guide war. Da wir eine Gruppe von Expert-Skifahrern waren, sind wir von Anfang an bis ganz oben auf Blackcombe und Whistler Mountain hochgefahren, von wo man eine so unbeschreiblich schöne Aussicht hat und sogar bis auf den Ozean schauen kann! Natürlich haben wir eine Million Bilder gemacht, aber die meiste Zeit sind wir Ski gefahren und ich muss sagen, ich bin noch nie so cool Ski gefahren. Unser Instructor hat uns durch das ganze Skigebiet mitgenommen und hat allen möglichen Blödsinn mit uns gemacht, ist mit uns abseits der Piste, durch Bäume und Tiefschnee gefahren und hat sich komplett danach gerichtet, was wir machen wollten! Abends sind wir Internationals dann immer ins Village zum Essen oder in unser Hotel in den Hot Tube gegangen oder haben zusammen gechillt. Der Nachteil war allerdings, dass wir schon immer um 6:30 Uhr aufstehen mussten und ich am Ende der 3 Tage echt Schlafmangel hatte, der es aber Wert war. Die paar Tage haben sich wie eine Ewigkeit angefühlt und alle waren so traurig, als wir zurück nach Nanaimo mussten. Es hatte aber auch etwas Gutes an sich, da jetzt hier zu Hause alles weihnachtlich wird.

Advent, Advent ein Lichtlein brennt. Gerade war es noch September und jetzt steht Weihnachten vor der Tür! Ich freue mich schon unglaublich und bin echt gespannt, wie mein Weihnachten dieses Jahr aussieht, so weit weg von zu Hause mit einer anderen Familie, die mittlerweile aber wie eine zweite Familie für mich geworden ist und ich mir mein Leben ohne meine kleinen Gastgeschwister/Nervensägen und meine Gastschwester aus Brasilien kaum mehr vorstellen kann! Weihnachten ist hier schon anders als in Deutschland. Vieles ist lange nicht so liebevoll und detailverliebt und es wird mehr groß, bunt und leuchtend mit tausenden Lichterketten dekoriert. Um ehrlich zu sein, sind mir die Kanadier manchmal ein bisschen zu übertrieben und echt messy, aber ich liebe sie trotzdem. So etwas wie Adventskranz, St. Nikolaus und Lebkuchen kennen sie gar nicht und der Adventskalender hat 25 Türchen, da man die Geschenke erst am 25. Dezember morgens aufmacht. Am 5. Dezember abends habe ich meinen Gastgeschwistern die Geschichte vom Nikolaus erzählt und sie haben total gespannt zum ersten Mal ihre Schuhe vor die Tür gestellt, in die ich dann in der Nacht deutsche Süßigkeiten gefüllt habe. Allerdings mussten wir alle am nächsten Tag feststellen, dass sich die Waschbären in der Nacht schon gut an den Süßigkeiten bedient hatten und nur noch die Hälfte übrig war. So ein Fail! Meine Gastgeschwister haben sich aber trotzdem total gefreut und sind überraschender Weise nicht auf die Idee gekommen, dass ich hinter dem Nikolaus stecke, weshalb sie nun glauben, dass der Nikolaus von jetzt an jedes Jahr vorbeikommt!
Weihnachten ist auf der einen Seite eine super schöne, aufregende Zeit, aber auf der anderen Seite glaube ich auch die schwerste im ganzen Jahr für uns Internationals. So schön es auch mit der Gastfamilie sein mag, man vermisst seine eigene Familie und Freunde doch sehr und würde sie doch gerne richtig sehen und mal umarmen und eben nicht nur über Skype. Auch kommt jetzt die Zeit, in der die ersten schon wieder gehen müssen, unter anderem eine sehr gute Freundin von mir aus Italien, die ich sehr vermissen werde, und man sich hin und her gezogen fühlt zwischen Familie und Freunde vermissen aber gleichzeitig eigentlich doch nicht so, zwischen um jeden Preis hier bleiben zu wollen und dann doch wieder Heimweh und generell vielen Emotionen, da man die Zeit gerne anhalten würde. All das hat bei mir und meiner Gastschwester in den letzten Tagen zum ein oder anderen emotionalen Nervenzusammenbruch geführt. Dennoch ist die Weihnachtszeit magisch, finde ich, und es ist schön, sie mal abseits seiner eigenen Traditionen zu erleben und offen für neue Bräuche zu werden und diese vielleicht sogar zu übernehmen. In der Schule ist jede Woche einmal „Ugly Sweater Day“, an dem jeder mit einem typischen Weihnachtspulli (die echt hässlich aber lustig sind) in die Schule kommen soll und es gibt Aktionen wie z.B. Weihnachtsbaum Contest oder Cookie-Wettessen. Heute hat es zum zweiten Mal geschneit und zwar gleich so viel, dass fast kein Bus mehr gefahren ist und jede Schule außer natürlich meiner einen „Snow Day“ bekommen hat und frei hatte, weil in ganz Nanaimo der Strom ausgefallen ist! Man sollte ja meinen, die Kanadier sind Schnee gewohnt und vorbereitet, aber…… Fehlanzeige! Wenn es hier auch nur ein bisschen schneit, bricht das komplette Chaos aus und nichts funktioniert mehr! Lustig ist es aber auf jeden Fall und wir haben erst einmal eine Schneeballschlacht gemacht, da die halbe Schule sowieso geschwänzt hat.

Aaaaaalso ich habe schon wieder so viel geschrieben, aber es gibt einfach so viel von hier zu erzählen und lange nicht genug Worte, um es zu beschreiben. Ich bin so unglaublich dankbar für alle Leute, die mich unterstützen und dafür, dass ich die Möglichkeit habe so ein (halbes) Auslandsjahr hier in Kanada zu verbringen. Wow!!! Ich kann es nur immer wieder sagen: Wenn ihr die Chance habt, ins Ausland zu gehen, dann ergreift die Gelegenheit beim Schopf und setzt euch in den Flieger, denn alle Bedenken, die man im Vorhinein natürlich hat, haben sich bei mir als kompletter Blödsinn erwiesen, und es ist einfach so schön geworden, wie ich mir es niemals zu erträumen gewagt hätte. Auch wenn es gerade jetzt vor Weihnachten nicht immer leicht ist, auf sich alleine gestellt zu sein und auch nicht immer alles so rosig aussieht, man reift so sehr und es ist schon cool, die eigene Veränderung bei sich selbst mitzubekommen, sich neu zu erfinden und v.a. sich selbst zu finden. Denn das tut man, man verändert sich. Im guten Sinne! Mir sind so viele Dinge aufgefallen, die vorher schlecht waren oder die ich selbst schlecht gemacht habe, ich habe so viel gelernt, bin selbstbewusster geworden und habe gelernt, auf mich und nur MICH aufzupassen und zu hören, was für mich gut ist und was ich brauche. Aber vor allem habe ich gelernt zu SCHÄTZEN, jeden Moment und jeden Menschen in meinem Leben, TO LIVE IN THE MOMENT
und ich habe es keine Minute bereut, hier  hergekommen zu sein, denn ich habe ein Stück näher zu mir selbst, aber was noch wichtiger ist, ein zweites Zuhause am anderen Ende der Welt gefunden und das ist unbezahlbar.

Merry Christmas

Maya

 

*BC ferries ist das Unternehmen/die Gesellschaft, zu der alle Fähren gehören

Und hier ein paar Fotos: