Kunstausstellung
im Rahmen der 17. Aschaffenburger Kulturtage, am 9. und 17. Juli 2016, im Weißen Zimmer.
Acht SchülerInnen des Additums Kunst des Karl-Theodor-v. Dalberg- und Kronberg-Gymnasiums haben sich, gemeinsam mit ihrer Kunsterzieherin Sabina Grzywacz, auf den Weg gemacht, die Kunstgeschichte zu erkunden und selbst gestalterisch tätig zu werden. Zusammen mit achtundsiebzig SchülerInnen dreier elfter Klassen des Hanns-Seidel-Gymnasiums unter der Leitung von Bernd Dörig präsentieren sie ihre Arbeiten unter dem Motto „Lust auf Wandel“ im Rahmen der 17. Aschaffenburger Kulturtage im Weißen Zimmer.
Ein solcher Wandel findet im Fach Kunst der gymnasialen Oberstufe nämlich in mehrerlei Hinsicht statt. Zum einen lernen die SchülerInnen Beispiele aus der bildenden Kunst in ihrem geschichtlichen Wandel und in ihrer geschichtlichen Bedingtheit kennen. Zu deren Analyse sie unterschiedliche Erschließungsmethoden erlernten. Zum anderen wandelt sich sowohl das Interesse für kulturästhetische Phänomene, als auch bildnerische Formsprache der SchülerInnen der Oberstufe selbst. Es ist der Wandel von einer gelenkten zu einer selbstgesteuerten Entwicklung von gestalterischen Handlungskompetenzen. Dabei erfordert die Entwicklung einer individuellen Bildsprache in dieser Phase vor allem das Erlernen unterschiedlicher künstlerischer Verfahren, die reflektierte Entscheidung für ein jeweils angemessenes Medium erst ermöglichen. Reflexive und produktive Arbeit werden dabei als gleichwertige Prinzipien eines ganzheitlichen Erkenntnisprozesses gesehen.
Die Themen „Körper“ und „Objekt“ geben dabei den inhaltlichen Rahmen vor und bilden gleichzeitig auch den roten Faden durch diese abwechslungsreiche Ausstellung. Der Themenbereich „Körper“ wird am Beispiel von Fremd- und Selbstporträts erkundet und die damit verbundenen Schlüsselprobleme der Darstellung von Menschenbildern herausgearbeitet. Die SchülerInnen lernten dabei, dass die Kunstauffassungen und die Vorstellungen des Bildes vom Menschen sich in den Epochen grundlegend unterscheiden und ein Spiegelbild der jeweiligen Zeit sind.
Am Anfang jeder künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Körper stand bei den SchülerInnen des Additums Kunst zunächst die Zeichnung, eine in Zeiten von Smartphones stark unterschätzte Form der Aneignung von Wirklichkeit. Zu sehen sind von naturalistischen Rötelporträts der Kaiserbüsten, die im Pompejanum ausgestellt sind, über Handstudien und Anatomiestudien von Gliederpuppen, Temperastudien zum Inkarnat, zeichnerische Verzerrungen im Stile eines Mantegna, bis hin zu malerisch expressiven Selbstbildnissen im Stile von Ernst Ludwig Kirchner.
Der Themenbereich „Objekt“ nimmt Bezug auf den kunsthistorisch bedeutendsten Wandel innerhalb der plastischen Kunst: den Wandel von Skulptur hin zu Objektkunst. Der Begriff Objektkunst steht dabei in erster Linie für die Etablierung eines neuen Kunstverständnisses in der Kunst des 20. Jh, in welcher der Einsatz realer Artefakte in der Gestaltung einen festen Platz bekommt.
Repräsentativ für diesen Wandel kamen die Ansätze des Kubismus, die eher formalen Gestaltungsüberlegungen geschuldet sind, der Dada-Bewegung, die oft den Reiz der Überraschung und Provokation suchen und der Pop-Art, die gern mit dem Warencharakter von Artikeln spielen, zur Sprache und dienten gleichzeitig als Inspirationsquelle für die gestalterische Praxis der SchülerInnen.
Die SchülerInnen lernten außerdem, die Möglichkeit der Verknüpfung von bestimmten Gegenständen mit persönlichen Erinnerungen und Emotionen zu verstehen und Objekte auch als Zeichen zu interpretieren.
Aber auch hier wurde zunächst das Objekt in 3×3 Detailstudien aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Größen zeichnerisch erkundet, bevor eine intensive plastische Auseinandersetzung mit ihm stattfand.
Zu sehen sind von den SchülerInnen des Additums, überdimensionale Verfremdungen von allseits bekannten Süßigkeiten als Acrylmalerei und als plastische Objektkunst im Stil der Pop-Art. Dabei lösen diese, auf den ersten Blick vertrauten, Markenprodukte bei genauerer Betrachtung das Gefühl des Befremdens aus, indem sie uns durch die Manipulationen der Markennamen und ihre schiere Größe vor Augen führen, wie stark wir durch die uns umgebende Warenwelt konditioniert sind.
Einen sowohl farblichen als auch formalen Kontrast zu diesen bunten und expressiven Arbeiten bildet eine komplett eingerichtete Küche aus alten Pappkartons, welche nur auf den ersten Blick Wirklichkeit abbildet. Denn die achtundsiebzig SchülerInnen des Hanns-Seidel-Gymnasiums nahmen die im Haushalt befindlichen Möbel und Küchenobjekte nur zum Anlass etwas neues Ganzes zu kreieren. Einen Kosmos, der jedem Betrachter sehr nah und vertraut scheint, jedoch in Größe und Materialität durch seine Präsenz irritiert.
In den aus Plastikeinwegbesteck hergestellten und an Skelette urtümlicher Reptilien und Tiere erinnernden Objekte, findet die Auseinandersetzung mit Körper und Objekt ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Exponate, die durchaus einen Platz in naturkundlichen Museen verdient hätten, zeigen die Intensität der künstlerischen Auseinandersetzung der SchülerInnen und dokumentieren deren „Lust auf Wandel“.
Veranstaltungsort: Das Weiße Zimmer, Karlstraße 12–14, Aschaffenburg
Eintritt: frei | Museumsnacht, 9.7.: nur mit MN-Ticket | VVK-Stellen
Öffnungszeiten:
9.7., 19:00 – 1:00 Uhr: Vernissage, Cocktailbar & Musik – Popcultural Nightshift von DJ Astr000 (Hip-Hop, Rap, Future R ’n’ B, Experiments)
17.7., 12:00 – 18:00 Uhr: Finissage, 12 Uhr Ansprache des Schulleiters OStD G. Fath, Führungen durch die beteiligten SchülerInnen, musikalische Umrahmung durch ein Schulensemble des Karl-Theodor-v. Dalberg – Gymnasiums