Probentage des Großen Chors in Bad Hersfeld vom 5. bis zum 8. Februar 2019

Was klingt lustiger? „Lullus, Wigbert, Lullus“ oder „Lena, Lena, Lena“? 100 Sängerinnen und Sänger von der siebten bis zur zwölften Klasse konnten dieser wichtigen Frage Anfang Februar in der Jugendherberge von Bad Hersfeld nachgehen. Diese Tage hatten ein offizielles und allen Teilnehmern genehmes Motto: „Idylle“. Dazu passte die Devise der Probenstätte hervorragend: „Entspannung aktiv genießen“. Chillen? Feiern? Finden der Erfüllung im harmonischen Zusammenklang? Meistern von rhythmisch Verzwicktem? Gemeinschaft beim Tafeln? Abendliche Aktivitäten, wie der Gang in den nahen Supermarkt oder das Perfektionieren des Pokerfaces beim Spiel „Mogelmotte“ in netter Runde? Unser Maestro, Herr Bayer, ließ all dies zusammenfließen in unserer nordhessischen Idylle.

Wie es sich gehört, fand diese an einem locus amoenus statt, einem – trotz Temperaturen nahe des Gefrierpunktes – lieblichen Ort. Nicht gerade Arkadien, da es durchaus gesellschaftliche Zwänge gab, keine Hirten, die sich nur um ihre Schäfchen und ihre Gespielinnen zu kümmern hatten, kein Rezitieren à la „Lieblich, o Geißhirt, ist das Getön, das die Pinie drüben / Säuselnd am Felsquell übt, das melodische; lieblich ertönt auch
Deine Syringe [Schutzgöttin der Künste]“ (Theokrit, übertragen von Mörike), dafür aber Herrn Bayers Arrangement zu Ausschnitten aus Monteverdis  Favola in musica „L’Orfeo“, einen Chorsatz zu Stings „Fields of gold“ und der Wise-Guys-Song „Paris“, der humorvoll-vielversprechend beginnt und augenzwinkernd-frustriert endet. Von wegen „Oh la la, Paris ist wie ein paradis, denn wie es aussieht, hat l’amour tous les jours Hochkonjunktur.“ Bei genauerer Betrachtung ist leider auch das Glück in „Fields of gold“ nicht ganz ungetrübt: „This song is about feeling joyous, but knowing that the joy is going to end someday.” (www.songfacts.com/facts/sting/fields-of-gold). Tja, und auch “L’Orfeo” bekommt nicht in jeder Fassung seine Eurydike zurück. Dennoch: wunderbare, glücklich machende Musik, ein Gemeinschaftserlebnis, das starke Bande knüpft, das jede Sängerin, jeden Sänger zum wertvollen, unverzichtbaren Mitglied des Ensembles macht, das den Einzelnen immer wieder über sich hinauswachsen lässt – getragen von der Begeisterung für die Musik. Die Idylle, eine „Dichtform, welche zumeist in Versen oder Prosa das empfindsame, friedvoll-bescheidene, paradiesische sowie ländliche Leben schildert und dabei eine harmlose, friedfertige, geborgene und harmonische Welt zeigt“ (www.wortwuchs.net/idylle/). Die Sehnsucht bleibt. In Momenten kommen wir der Idylle nahe.

Dominik Sommer